„Minna von Barnhelm“ von G. E. Lessing
Rt. I-mag-es, der Theaterleiter im Reych 29, hatte die Komödie für das diesjährige Karfreitags-Schauspiel ausgewählt und zweimal gekürzt. Aber die Aufführung war trotzdem für die begeisterten Akteure vor und hinter der Bühne ein „Brocken“.
Am Aufführungsabend fand sich eine erwartungsfrohe, meist werkkundige, große „Schlaraffenschar“ in der Burg ein, bestehend aus Sassen, Burgfrauen, auch unserer Weiland-Ritter, dazu aus Burgwonnen, -maiden und aus Gästen, meist befreundeter Reyche, an ihrer Spitze der wieder genesene Rt. Not-Artus, langjähriger Spielleiter der Asciburgia. Die Bühne, abwechselnd Schankstube eines Berliner Gasthauses, dann Salon Minnas im Gasthof, entführte sie in die Zeit nach dem siebenjährigen Krieg, in die späten 60-iger Jahre des 18. Jahrhunderts also. Minna von Barnhelm und Major von Tellheim, sie aus Sachsen, er ein Preuße, haben sich während des Krieges verlobt. Da sie nach dem Kriege kaum etwas von ihm gehört hat, reist sie mit „ihrem Mädchen“ Franziska ihm nach und trifft ihn just mit Just, seinem treuen Diener, im schon genannten Wirtshaus. Der Major ist verarmt, verabschiedet und auf Grund des Vorwurfs, Kriegsgelder unterschlagen zu haben, in seiner Ehre tief gekränkt. (In dieser Aufführung hat er, anders als im Original, seinen Arm nicht verloren, ist „nur“ „Bettler“, nicht „Krüppel“.) Er will sein Glück nicht ihr allein verdanken, die ihn unverändert liebt, sie will um ihrer selbst willen geliebt werden, ob arm oder reich. Wie dieser Konflikt nun in fünf Akten zu einem guten Ende gebracht wird, macht auch heute noch den Reiz des Stückes aus, das gattungsgemäß in einer angekündigten Doppelhochzeit endet.
Alle auf der Bühne trugen mit Einsatz und Spiellust dazu bei, diesen Reiz auch dem wohlwollenden Publikum zu vermitteln. Der ehrliche Diener Just, Rt. THOM-ASS, kämpft beeindruckend, wie ein grimmiger Löwe, auch mit bösen Worten und (angekündigten) Untaten, um die Ehre seines Herrn, der Wirt, Rt. Wegda, windet sich buchstäblich in einer amüsanten Charakterstudie aus dem Konflikt von notwendigem Geschäftssinn und und dem erforderlichen Respekt gegenüber dem verarmten Major.
Paul Werner, gewesener Wachtmeister, Rt. Sagittarius, kommt hinzu, um seinem ehemaligen Herrn mit beträchtlichen Summen aus der „Verlegenheit“zu helfen, wird aber ständig düpiert, weil der Major mal sein Geld nicht will, dann wiederum mehr verlangt. Immerhin gewinnt er bei diesem üblen Spiel die liebreizende Franziska, Bgfr. Alpha-Graph, und wie dieses nicht mehr ganz junge Paar, ohne zu parodieren und mit Würde und Schalk ein junges Liebespaar spielt, rührt das Herz. Das adlige Paar tut sich da schwerer, auch weil der Autor viel höhere moralische und existenzielle Anforderungen an sie stellt, die in entsprechend komplexen Sätzen vorgetragen sein wollen. Die lebhafte, quirlige Minna, Bgfr. Peifedeckel, spielt ihren Part souverän, sowohl was den sprachlichen Ausdruck ihrer Gefühle betrifft als auch den mimisch-gestischen. Sie schwelgt im Glück beim Wiedersehen und leidet sichtbar, als sie den Bogen überspannt hat. Der etwas steife Tellheim, Rt. Unguento, im Gegensatz zu seiner als Schauspielerin aktiven Partnerin begabter Laie, kämpft sich durch seine große Rolle und bleibt in entscheidenden Momenten glaubwürdig, etwa wenn er Minna unverblümt erklärt, dass „Ehre“ Männersache sei. Anders als das „Original“ verfügt er am Schluss sogar über Selbst-Ironie. Franziska, die pragmatische Mahnerin und Warnerin, muss, stets präsent, mit ansehen, wie schwer sich die beiden mit ihrer Liebe tun, Dafür nimmt sie am Ende entschlossen und anrührend ihr Glück in die Hand und gewinnt ihren Wachtmeister.
Auch die Nebenrollen trugen zum Erfolg bei. Die Dame in Trauer, Bgfr. Lexofex, spielt die Verarmung einer Witwe in der damaligen Nachkriegszeit glaubwürdig und mit dem erforderlichen Ernst. Riccaut de la Marliniere, Rt. A-Tempo, gestaltet die Rolle des radebrechenden, gleichwohl sehr selbstbewussten französischen Majors stellenweise umwerfend komisch.
Der Graf von Bruchsall, der Oheim, Rt. Arest, der Minna sein ganzes Vermögen vermacht hatte, bringt schließlich mit beeindruckender Gestalt und großer Autorität die Sache zum guten Ende.
Die Maske, Bgfr. Van der Goschen und Burgmaid Carnigula, hatten alle Schauspieler(innen) standesgemäß geschminkt und dabei etliche Jährchen wegretouchiert. Die Gestaltung der einfachen, aber zweckdienlichen Bühne, ganz wichtig der Vorhang, lag in den bewährten Händen der Rtt. THOM-ASS, Adelholz und Urvieh; stilsicher, im doppelten Sinne also passend, hatten Rt .Carnigula und seine Burgmaid die Kostüme gestaltet, sogar die Schuhe. Für die Beleuchtung und den rechten Ton sorgte Rt. Lavalier. Und dass alle Besucher ein geschmackvolles Programm in den Händen halten konnten, verdankten sie Rt. Alpha-Graph. Der Einsager, Rt Philomelos, hatte seine Aufgabe während der fünf Akte kaum hörbar erfüllt.
Als alle Beteiligten am Schluss auf der Bühne standen, war wohl kaum einer glücklicher als der Theaterleiter Rt. I-mag-es in ihrer Mitte, weil das schwierige Stück glücklich über die Bühne gegangen war.
Das Publikum bedachte die Aktiven mit kräftigem Beifall, der „Fungierende“, Rt. Tetrapo, mit Blumen bzw. Wein. Wieder einmal hatte die schlaraffische Gemeinschaft ein buchstäb lich einmaliges, heiteresTheatererlebnis geschaffen! Wenn das nicht Liebe zur Kunst beweist!
Rt. Philomelos
Weitere Bilder sind in der Galerie zu finden. Fotos von (c) Rt Recht freundlich